Ein Texter hat aus seinen Augen wichtiges zu berichten. Wenn das so ist, warum werden dann nicht alle Texte gelesen? Sie kennen das Sender-Empfänger-Modell von Shannon und Weaver? Der Texter ist der Sender und der Leser der Empfänger. Texte erfüllen eine kommunikative Funktion. Sie werden mit Hilfe von Schriften dargestellt. Es werden Inhalte in Silben, Wörtern und Sätzen mit einer bestimmten Absicht codiert. Im Direktmarketing mit dem Ziel, ein bestimmtes Verhalten auszulösen. Natürlich glaubt ein Texter auch immer fest daran, dass sein Text gelesen wird.
Wann werden Texte gelesen?
Wenn wir:
– Neues erfahren,
– Vorteile erkennen,
– Antworten auf Fragen haben oder
– unterhalten werden wollen.
Wenn der Leser das Interesse an einem Text verliert, hören er auf den Text (Werbebrief, Flyer, Artikel) zu lesen. Er beendet den Dialog. Das Lesen wird auch als der „2. Dialog“ bezeichnet
Warum wird das Lesen (2. Dialog) beendet?
Unser Gehirn folgt einer einfachen Regel: Einsatz von Energie (Aufmerksamkeit) gegen Erkenntnis / Nutzen. D.h., wenn der persönliche Nutzen kleiner ist als der Aufwand, wenden wir uns ab. Leser schenkt dem Text keine Aufmerksamkeit mehr – er spart sich die Energie. Das ist der Fall, wenn der Text langweilt oder der Leser nicht die Antworten findet, die er sucht.
Ein Beispiel:
In einem Gespräch, das es Sie nicht interessiert, wie lange hören Sie zu? Wann wenden Sie sich ab bzw. ändern das Thema?
Was sind die „unausgesprochenen Leser-Fragen“?
Es sind Fragen, die jeder Leser hat, wenn wir zum Beispiel Werbemittel betrachten. Diese Fragen hängen von verschiedenen Faktoren ab. Wenn wir an Privat-Personen schreiben, sind es ganz andere Fragen, als an Unternehmen. So hat ein IT-Fachmann andere Fragen, als ein Arzt. Wir nennen diese Fragen auch „die unausgesprochenen Leser-Fragen“
So ergibt sich für jeden Texter folgende Aufgabe:
Welche Fragen haben Leser, wie bringe ich den Nutzen schnell und verständlich rüber?
„Welchen Vorteil habe ich als Leser davon (wenn ich diesen Brief lese; wenn ich dieses Angebot annehme).“ Nach Prof. Siegried Vögele können die Fragen des Empfängers in zwei Hauptkategorien unterteilt werden:
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- Grundfragen:
Immer wiederkehrende Fragen, unabhängig von der jeweiligen Zielgruppe und dem Produkt
- Grundfragen:
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- Produkt-/ Angebots-Fragen:
Produkt- und zielgruppenabhängigen Fragen
- Produkt-/ Angebots-Fragen:
Die Grund-Fragen
Beruhen auf allgemein menschlicher Grundmotive, wie:
Neugierde:
Wer schreibt mir? Was will man von mir? Woher hat die Firma meine Adresse? Ist das was für mich? Wer unterschreibt? Warum schreibt er gerade mir? Was weiß er von mir? Wer ist persönlich für mich zuständig? Was soll ich konkret tun?
Sicherheit:
Habe ich überhaupt Bedarf? Wie habe ich den Bedarf bisher gedeckt? Ist das sicher? Wer beweist mir das? Wer hat das vor mir schon gekauft? Ist es das Richtige für mich, meine Familie? Wie kann ich mich persönlich überzeugen? Wo ist der Haken? Was steckt dahinter? Ist dieser Vorteil den Preis wert?
Anerkennung:
Was sagen meine Familie, meine Freunde, mein Chef dazu? Werde ich dafür bewundert?
Bequemlichkeit: Soll ich den Text/Brief überhaupt lesen? Wird mein Leben dadurch einfacher, angenehmer? Hat die Antwort noch Zeit? Was passiert, wenn ich nicht reagiere? Muss ich das frankieren? Da sind nur ein paar Beispiele für „Leser-Frage“, die immer wieder auftauchen. Die wichtigste Grundfrage ist: Welchen Vorteil habe ich davon?
Produkt-Fragen
Bei diesen angebotsabhängigen Fragen dreht es sich konkret um das Produkt bzw. Angebot. Sie entstehen nicht aus allgemein menschlichen Motiven, sondern aus dem konkreten Bedarf, den Erfahrungen, die die Empfänger mit ähnlichen Angeboten gemacht haben, der finanziellen Situation, Trends und ähnlichem.
Allgem. Produkt-Fragen können sich zum Beispiel ausfolgenden Quellen ergeben:
– dem Bedarf
– den bisherigen Erfahrungen mit ähnlichen Angeboten und Anbietern
– dem Preis
– der Konjunktur
– den gesetzlichen Bestimmungen
– der Jahreszeit
– der Mode
– …
Konkrete Produkt-Fragen können zum Beispiel lauten:
– aus welchem Material ist das?
– wie viel kostet das?
– was kann kaputt gehen?
– wo kann ich es reparieren lassen?
– ist das Produkt völlig neu oder altbewährt?
– was bietet die Konkurrenz?
– ist es dort billiger?
– …
Es gibt die unterschiedlichsten Fragen
Welche Fragen auftauchen, hängt von Ihrem konkreten Angebot ab. Der Texter muss diese Fragen kennen und beantworten. Jede Frage, die Sie dem Leser zufrieden stellend beantworten, führt bei diesem zu einem kleinen „Ja“. Erst viele kleine „Jas“ ergeben am Ende das große „Ja“ zu Ihrem Angebot. Je mehr „Jas“ er beim Leser einsammelt, um so positiver ist er vom Text-Inhalt gestimmt.
Jede Frage hingegen, die ihm nicht oder nicht ausreichend beantwortet wird, führt beim Leser zu einem „Nein“ als Antwort. Mehrere kleine „Neins“ führen zu einem großen „Nein“: Der Empfänger ist nicht überzeugt und lehnt Ihr Angebot ab.
Vor allem die Frage nach dem Vorteil, müssen Sie dem Leser beantworten.
Sagen Sie dem Empfänger, welchen (emotionalen) Nutzen er durch ihr Angebot hat, was Sie und Ihr Angebot von der Konkurrenz unterscheidet (Ihr USP!). Stellen Sie den Nutzen im Vergleich zu anderen Angeboten dar. Zeigen Sie, ihm wie es sich mit Ihrem Angebot besser lebt bzw. er sich mit Ihrem Produkt besser fühlt. Sagen Sie dies Ihrem Empfänger deutlich. Fesseln Sie Ihren Leser an Ihren Text. Erst wenn er alles gelesen hat, soll die Entscheidung für oder gegen Ihr Angebot getroffen werden, nicht früher. Ein guter Dialog-Texter achtet daher beim Schreiben immer darauf, dass die „unausgesprochenen Leser-Fragen“ aus der Perspektive des Lesers immer positiv beantwortet werden.
Kurz gesagt:
Erfolgreiche Dialog-Texte fangen immer mit den „unausgesprochenen Leser-Fragen“ an. Der Texter bindet den Leser, erzeugt eine positive Haltung zum Angebot und fördert die gewünschte Reaktion.
Ihr Klaus Guckler